Wegen des demografischen Wandels fordern einige Politikern ein höheres Renteneintrittsalter. Unter der veränderten Bevölkerungszusammensetzung kommen heute auf 1 Rentner 2,7 Einzahler. Das reicht nicht zur Finanzierung aus. Deswegen sollen die Rentner nun bis 70 arbeiten. Die ARD-Sendung verdeutlichte die finanzielle Situation und gab den zukünftigen Rentnern einige Tipps. Diese Webpage bietet Ihnen einen Fragebogen, mit dem Sie feststellen können, wie lange Sie es in Ihrem Beruf vermutlich aushalten werden.
Ein Umstand, der die Erhöhung des Rentenalters erschwert, wird bislang noch nicht berücksichtigt. Arbeitswissenschaftlich ist die Rente mit 70 nämlich nicht für alle Berufsgruppen und Tätigkeiten gleich gut erreichbar, ja in manchen Berufen wird die Rente mit 70 für die meisten gar nicht erreichbar sein, so sehr sie sich auch anstrengen.
Zwar werden die Menschen heute durchschnittlich älter als früher, die Hälfte der Männer stirbt erst jenseits von 78 Jahren, Frauen erst mit 83, doch die genetische Ausstattung des Menschen hat sich über die letzten Jahre nicht verändert. Der Mensch altert heute genau so wie früher, wenn auch eine bessere medizinische Versorgung und bessere Arbeitsplätze heute das Erreichen eines höheren Durchschnittsalter ermöglichen. Wie früher haben die meisten berufswichtigen Fähigkeiten jedoch ein Hoch in jungen Jahren und fallen in demselben höheren Alter wie gehabt unter berufskritische Grenzen. Die Abbildung zeigt eine beispielhafte Auswahl solcher genetisch bedingter Verläufe.
Der normale biologische Alterungsprozess des Menschen bedingt so in Relation zu den Anforderungsprofilen der Berufe, dass die Menschen in einigen Berufen früher und in anderen später reif für die Rente sind. Wie der Alterssimulationsanzug erlebbar macht, schwinden im Alter Kraft, Beweglichkeit, Seh- und Hörvermögen. Dazu kommt ein Nachlassen der Reaktionsgeschwindigkeit, die Brüchigkeit der Knochen nimmt zu und die Anfälligkeit für Krankheiten steigt. Die geistige Kompetenz bleibt dagegen erhalten, ja verbessern sich bei einigen aktiv bleibenden Spezialisten sogar noch, wenn sie nicht an Alzheimer oder Demenz erkranken.
Die Anforderungsprofile der Berufe sind hinsichtlich der benötigten körperlichen Fähigkeiten sehr unterschiedlich. In einigen Berufen ist die Rente mit 70 kein Problem, in anderen aber mit Sicherheit. Beispielsweise würde ein Polizist mit 70 Jahren einem 25-jährigem Straßenräuber körperlich so weit unterlegen sein, dass man nicht mehr erwarten sollte, dass er ihn noch verfolgen könnte. Auch Feuerwehrleute, die mit 70 Jahren noch auf Leitern klettern sollen, dürften dann kaum noch jemand aus den Flammen retten können, sondern würden dann eher sich selbst und andere gefährden. Hinzu kommen berufsspezifische Abnutzungserscheinungen in manchen Berufen, die ab einem bestimmten Alter ein Weiterarbeiten unmöglich machen, bei Fliesenlegern an den Knien beispielsweise.
In den sogenannten geistigen Berufen dagegen ist das Weiterarbeiten meist nicht wirklich problematisch, auch wenn in vielen Berufen heute das ständige Erlernen neuer Technologien nötig ist. Problematisch ist hier eher, dass diejenigen in Firmen, die körperlich nicht weiterarbeiten können, nicht ohne weiteres auf geistige Arbeitsplätze umgesetzt werden können, weil von diesen Stellen meist nicht ausreichend viele vorhanden sind oder weil die Qualifikation fehlt. Jemand, und dessen sollte man sich bewusst sein, der von seiner erlernten Qualifikation nicht mehr leben kann, ist in allen anderen Berufen nicht konkurrenzfähig und fällt auf das Hilfsarbeiterniveau ungelernter Arbeiter zurück.
Angesichts der Tatsache nun, dass im Alter über 60 nur noch die Hälfte der Menschen in Deutschland einen Job haben (nur noch 29% eine sozialversicherungspflichtige Arbeit), bedeutete die Rente mit 70, dass dann jeder Zweite jenseits der 60 nach einem Jahr Arbeitslosengeld bis zur Rente neun Jahre lang von seinen Ersparnissen leben müsste. Das würde viele Haus und Hof kosten und alles, was sie sich erarbeitet haben. Durch eine Rente mit 70 würde so eine breite Volksverarmung vorprogrammiert sein.
Etwa 10% der Menschen sterben vor Erreichen des 70. Lebensjahres. Zu bedenken ist auch, dass schon heute 20% der Bevölkerung das normale Rentenalter nicht schaffen, weil sie dauerhaft erkranken. Sie beziehen eine sogenannte Erwerbsminderungsrente, die zumeist ergänzende Sozialhilfe nötig macht (siehe hier).Zweierlei Anpassungen zur Verbesserung der Situation der Berufstätigen in Bezug auf die Rente könnten erfolgen. Erstens könnten viele Arbeitsplätze durch arbeitswissenschaftliche und automatisierungstechnische Maßnahmen so verbessert werden, dass sie auch in höherem Alter ein erfolgreiches Tätigsein erlauben. Das könnte man einfordern und prüfen.
Zweitens könnten anhand der organischen Anforderungen berufsspezifische Grenzwerte für das Rentenalter ermittelt werden. Bestimmten Berufen könnte ein höheres Rentenalter zugewiesen werden, bei anderen geht das nicht. Die folgende Checklist zur Ermittlung des arbeitsphysiologischen Rentenalters für unterschiedliche Berufe kann dabei helfen. Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge werden beispielsweise hier: www.meinegeldanlage.com dargestellt.